Armut hat nicht nur Auswirkungen auf die Ernährung, sondern beeinflusst auch das gesamte Leben und die Möglichkeiten, gesunde Lebensmittel zu kaufen.
Gesunde Ernährung: Politik muss mehr tun
Die Empfehlung des österreichischen Kanzlers Karl Nehammer, bei finanziellen Schwierigkeiten einen Burger bei McDonald’s zu essen, stieß in der Presse auf Kritik. Diese Art von Mahlzeit ist nicht nur ungesund, sondern auch keine langfristige Lösung für eine ausgewogene Ernährung.
Thomas Wochele-Thoma, ein Allgemeinmediziner und ärztlicher Leiter bei der Caritas Wien, betont, dass es zu einfach ist, die Verantwortung für die gesunde Ernährung der Kinder allein den Eltern zu überlassen. Die Politik sollte die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen, damit Eltern ihre Kinder gesund ernähren können.
Im Rahmen eines langwierigen Prozesses haben sich Vertreter aus Politik und Gesellschaft auf bestimmte Rahmenbedingungen geeinigt. Diese umfassen auch zehn Gesundheitsziele für Österreich, von denen zwei die Ernährung betreffen. Ziel Nummer sechs zielt darauf ab, ein gesundes Aufwachsen für Kinder und Jugendliche bestmöglich zu unterstützen. Ziel Nummer sieben hat das Ziel, gesunde und nachhaltige Ernährung für alle Menschen zugänglich zu machen.
Die Politik vernachlässigt ihre Aufgabe, die Werbung für hochverarbeitete Lebensmittel, Fastfood und Süßigkeiten zu regulieren, die gezielt an Kinder gerichtet ist.
Finanzielle Notlagen können zu einem permanenten Stressgefühl führen, das sich auch auf die Ernährung auswirkt. Menschen in finanzieller Notlage haben oft begrenzte finanzielle Mittel und müssen daher schwierige Entscheidungen treffen, wenn es um den Kauf von Lebensmitteln geht. Oftmals werden gesunde Optionen vernachlässigt, da sie teurer sind, und stattdessen werden billigere, aber ungesündere Alternativen gewählt.
Die finanzielle Unsicherheit und die damit verbundene tägliche Entscheidung über die Ausgaben belasten den Körper mit Stresshormonen, was zu Schlafstörungen, gesundheitlichen Problemen und psychischen Belastungen führen kann.
Wenn Kinder frühzeitig auf fett- und zuckerhaltige Lebensmittel geprägt werden, kann sich ein lebenslanger Teufelskreis entwickeln. Dieser kann nicht nur zu Übergewicht führen, sondern auch zu Bluthochdruck und Diabetes. Das Gehirn gewöhnt sich an diese Inhaltsstoffe und es entsteht eine Suchtdynamik. Es ist äußerst schwierig, aus dieser Spirale auszubrechen, besonders wenn man von klein auf darin gefangen ist.
Finanzielle Sorgen können bei Eltern Stress auslösen, der sich auch auf die Kinder auswirkt. In finanziell schwierigen Zeiten müssen gesellschaftliche Aktivitäten oft eingeschränkt werden, was zu einem Gefühl der Ausgrenzung bei den Kindern führen kann. Dieses Gefühl wird oft mit Scham verbunden und kann Stress verursachen. Eine gesunde Teilhabe an der Gesellschaft ist jedoch wichtig für das Wohlbefinden. Es ist daher entscheidend, dass finanziell benachteiligte Familien Unterstützung erhalten, um diese Teilhabe zu ermöglichen.
Health Literacy sollte zu einem zentralen Anliegen der Politik werden, um sicherzustellen, dass Menschen die notwendigen Kenntnisse haben, um ihre Gesundheit zu verbessern.
Schulen könnten ihren Schülern kostenlose gesunde Pausenmahlzeiten anbieten, um ihnen nicht nur beizubringen, wie sie sich gesund ernähren können, sondern auch um sicherzustellen, dass sie genug Energie zum Lernen haben.
Trotz der Vielzahl an Hilfsangeboten nehmen viele Eltern keine Hilfe in Anspruch. Der Grund dafür liegt in dem massiven Druck, dem sie ausgesetzt sind. Insbesondere für armutsbetroffene Familien sind steigende Mieten, Energie- und Lebensmittelpreise eine enorme Belastung. Viele Menschen, die sich an Organisationen wie die Caritas wenden, müssen am Monatsende entscheiden, ob sie ihre Fixkosten bezahlen oder den Kühlschrank auffüllen können.
Armut wird oft mit Scham verbunden, was es vielen Menschen schwer macht, Hilfe anzunehmen. Es ist wichtig, genauer hinzuschauen und zu erkennen, dass der Mensch immer einen Sinn im Leben sucht. Wenn Menschen nicht ausreichend in die Gesellschaft integriert sind und keinen Anschluss finden können, fällt es ihnen schwer, einen Sinn zu finden. Je länger man ausgeschlossen ist und je häufiger man erfolglos versucht hat, wieder Anschluss zu finden, desto schwieriger wird es, sich erneut zu motivieren.
Eine solidarische Gesellschaft sollte ihr Augenmerk auf die abgehängten Gruppen richten und Maßnahmen ergreifen, um ihre Integration in die Gesellschaft zu fördern. Dies erfordert eine verbesserte Durchlässigkeit zwischen den sozialen Schichten und eine gerechte Verteilung von Chancen und Ressourcen.
Um eine nachhaltige und gesunde Gesellschaft zu schaffen, muss die Politik aktiv handeln und sicherstellen, dass alle Menschen, unabhängig von ihrer finanziellen Situation, Zugang zu gesunder Ernährung haben.