Kindeswohlgefährdung: Anzeichen, Arten und was dagegen unternommen werden kann

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Kindeswohlgefährdung: Anzeichen, Arten und was dagegen unternommen werden kann

Deutschland verzeichnet im vergangenen Jahr einen alarmierenden Anstieg von häuslicher Gewalt, mit 179.179 Opfern, die von der Polizei registriert wurden. Dies entspricht einem Anstieg von 9,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, das von der COVID-19-Pandemie geprägt war. Die Täter in diesen Fällen sind in der Regel Partner, Ex-Partner oder Familienmitglieder, und etwa zwei Drittel der Opfer sind Frauen. Es ist jedoch anzumerken, dass die Dunkelziffer wahrscheinlich viel höher liegt, da viele Opfer aus Angst davor zurückschrecken, Anzeige zu erstatten.
In über 50 Prozent der gemeldeten Fälle handelt es sich um Frauen, die Kinder haben. Diese Kinder werden entweder direkt oder indirekt zu Opfern von häuslicher Gewalt. Sie stehen vor einer erschütternden Realität: Kinder, die nicht wissen, wie sie mit der Gewalt zwischen ihren Eltern umgehen sollen, die sich schuldig fühlen, weil sie dem missbrauchten Elternteil nicht helfen können, die sich teilweise auf die Seite des gewalttätigen Elternteils schlagen, ohne dass ihre wahren Motive verstanden werden. Oft handeln sie aus Angst um ihre eigene Sicherheit oder aus dem Wunsch heraus, ihre eigene Ohnmacht nicht eingestehen zu müssen. Andere Kinder ziehen sich zurück und entwickeln Schamgefühle. All diese Kinder erleiden schwerwiegende seelische Verletzungen, die ihr ganzes Leben lang anhalten können und sogar zu gesundheitlichen Problemen führen können.
Es ist schockierend, dass immer noch Jugendämter gibt, die Gewalt gegen den anderen Elternteil lediglich als Partnergewalt und nicht als Gefährdung des Kindeswohls betrachten. Diese Jugendämter legen oft einen unverantwortlichen Schwerpunkt auf den Umgang des Kindes mit dem gewalttätigen Elternteil, weil sie glauben, dass es dem Kindeswohl diene, den Kontakt aufrechtzuerhalten, selbst wenn es zeitlich begrenzt ist.
Die Anzeichen: Daran ist eine Kindeswohlgefährdung zu erkennenDiese Arten der Kindeswohlgefährdung sind bekanntMit diesen Maßnahmen gegen Kindeswohlgefährdung vorgehen

Die Anzeichen: Daran ist eine Kindeswohlgefährdung zu erkennen

Eine Gefährdung des Kindeswohls liegt vor, wenn die seelische, körperliche oder geistige Gesundheit des Kindes beeinträchtigt wird. Der Gesetzgeber definiert die Kindeswohlgefährdung so, dass eine gegenwärtige oder unmittelbar bevorstehende Gefahr für die Entwicklung des Kindes erkennbar sein muss und dass bei Fortbestand der Sachlage eine erhebliche Schädigung des Kindeswohls in körperlicher, geistiger oder seelischer Hinsicht zu erwarten ist.

Zu den typischen Anzeichen einer Kindeswohlgefährdung gehören unter anderem körperliche Symptome:

  • Unter- oder Übergewicht
  • mangelhafte Körperhygiene
  • körperliche Fehlentwicklungen und Minderwuchs
  • verzögerte Reaktionen oder schlechte motorische Fähigkeiten
  • Rausch- oder Benommenheitszustände
  • Verletzungen, blaue Flecken u. a. körperliche Symptome ohne erklärbare Ursache
  • häufige Krankheiten und Fehlzeiten
  • schmutzige oder jahreszeituntypische Bekleidung

Zu den typischen Anzeichen für eine Gefährdung des Kindeswohls gehören zudem psychosoziale Symptome wie Selbstverletzungen, Apathie, Gewalttätigkeit, Begehung von Straftaten oder Essstörungen. Auch Sprach-, Konzentrations- und Lernschwierigkeiten können auf ein gestörtes familiäres Umfeld deuten.

Diese körperlichen Hinweise können auf mögliche Risiken für das Wohl des Kindes hinweisen und erfordern in der Regel besondere Aufmerksamkeit und eine gründliche Untersuchung, um sicherzustellen, dass das Kind angemessen versorgt und geschützt wird.

Es ist wichtig, derartige Anzeichen ernst zu nehmen und gegebenenfalls Unterstützung und Hilfe anzubieten, um die Sicherheit und das Wohl des Kindes zu gewährleisten.

Video: Kinder in Not | Mit Krisenhelfern des Jugendamtes unterwegs


Diese Arten der Kindeswohlgefährdung sind bekannt

Video: Gewalt gegen Kinder: Wer schützt sie?
Eine Gefährdung des Kindes kann in Körper- und Gesundheitsverletzungen vorliegen, zu nennen sind hier Tötungsversuche, seelische Misshandlungen, körperliche Gewalt, sexueller Missbrauch und massive Auseinandersetzungen mit den Eltern.
Eine weitere Art ist in einer verweigerten ärztlichen Behandlung zu sehen.
Als dritte Art werden Erziehungsfehler genannt, zu denen nicht nur Wutausbrüche gegenüber dem Kind, sondern auch Überfürsorge zu zählen sind.
Sind die Eltern nicht in der Lage, auf das Kind einzugehen, sind sie drogen- oder alkoholabhängig, wird dies ebenfalls als Gefährdung eingestuft.
Zu den Arten der Kindeswohlgefährdung zählt überdies eine verweigerte Schulbildung: Eltern melden ihr schulpflichtiges Kind nicht in der Schule an, lassen es fehlen oder melden es gegen seinen Willen in einem Internat an.
Die letzte Art der Gefährdung besteht in der Vernachlässigung des Kindes bei einer angemessenen Versorgung, Betreuung oder Beaufsichtigung, bei Hygiene und Ernährung.
Mit diesen Maßnahmen gegen Kindeswohlgefährdung vorgehen
Mit diesen Maßnahmen gegen Kindeswohlgefährdung vorgehen
Video: Jugendämter am Limit: Die gefährlichen Folgen!

Wer sich nicht sicher ist, ob eine Gefährdung eines Kindes vorliegt und bei einer unbegründeten Anzeige nicht Gefahr laufen möchte, wegen Verleumdung angeklagt zu werden, kann sich zuerst an die Familienberatungsstelle wenden.
Dort ist eine fachliche Einschätzung der geschilderten Situation möglich und es werden weitere Schritte besprochen.
Ansonsten ist das Jugendamt der richtige Ansprechpartner, bei konkreten Vorfällen kann auch die Polizei informiert werden.
Die Mitarbeiter des Jugendamtes können weitere Stellen hinzuziehen und beispielsweise die Polizei oder den Sozialpsychiatrischen Dienst verständigen.
In schweren Fällen erfolgt eine Inobhutnahme des Kindes oder Jugendlichen durch das Jugendamt. Die Inobhutnahme endet entweder mit der Übergabe des Kindes an seine Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bei Nichtvorliegen einer Gefährdung oder durch eine Entscheidung des Familiengerichts.
Tipp: Auch mit einem Kinderarzt kann über einen konkreten Verdacht gesprochen werden. Er wird eine weitere Vorgehensweise vorschlagen und kennt die richtigen Ansprechpartner bei den zuständigen Behörden.

Kurzfilm „Unnoticed“: Ein eindringlicher Appell, Kinder in Krisenzeiten nicht zu übersehen

Der Kurzfilm „Unnoticed“ appelliert an Erwachsene, die sich in persönlichen Krisensituationen befinden, ihre Kinder nicht zu vernachlässigen, selbst wenn ihre eigene Lage aussichtslos erscheint. Die Botschaft des Films ist, dass Kinder nicht „unbemerkt“ bleiben sollten. Ermutigt werden Erwachsene, Unterstützung zu suchen, wenn sie sich überfordert fühlen oder unter psychischem Druck stehen, um sicherzustellen, dass ihre Kinder nicht vernachlässigt werden.

Das Projekt wurde von der Deutschen Kinderschutzstiftung Hänsel+Gretel in Zusammenarbeit mit der Filmakademie Baden-Württemberg durchgeführt und verweist auf die „Nummer gegen Kummer“ unter der Telefonnummer 0800-111 0550, um Erwachsene dazu zu ermutigen, Hilfe, Ratschläge und Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Das Filmprojekt wurde von der Schöck-Familien-Stiftung und ARRI Rental unterstützt.

In dem Film erklärt der 10-jährige Thilo den Zuschauern, wie er seinen Alltag erlebt. Zunächst wirkt er stolz und selbstständig und erzählt davon, wie gut er alles bewältigt. Doch im Laufe des Films bricht dieses Bild des selbstständigen Kindes langsam zusammen. Ein schwerwiegender Schicksalsschlag führt dazu, dass die Zuschauer erkennen, was wirklich hinter Thilos Fassade steckt. Er fühlt sich einsam, trägt zu viel Verantwortung und versucht, eine Art Scheinerwachsener zu sein. Als sein Hamster stirbt, wird deutlich, wie isoliert er in seinem Leben tatsächlich ist.

Kinder und Jugendliche sollten nicht in der Lage sein müssen, herauszufinden, was normal ist oder welche Erwartungen sie an Erwachsene haben dürfen. Es sollte für sie möglich sein, ihre emotionalen Bedürfnisse auszudrücken. Leider finden viele betroffene Kinder keinen anderen Ausweg als in eine Scheinselbstständigkeit zu flüchten und die Verantwortung zu übernehmen.

Die Filmemacher setzen sich dafür ein, die Sensibilität für die emotionale Vernachlässigung von Kindern zu erhöhen. Ihr Ziel ist es, sicherzustellen, dass Kinder gesehen werden und dass die Verantwortung nicht bei ihnen, den Kindern selbst, sondern bei den Erwachsenen, den sogenannten „Erziehungsberechtigten„, liegt. Sie möchten denjenigen, die still leiden und übersehen werden, das Gefühl geben, dass sie nicht allein sind, erklärt Regisseurin und Initiatorin Anja Giele.

Emotionale Vernachlässigung stellt eine Gefahr für das Wohl von Kindern dar. Viele soziale und psychische Probleme bei Kindern und Jugendlichen, die sich auch im Erwachsenenalter fortsetzen können, lassen sich auf emotionale Vernachlässigung in der Kindheit zurückführen. Der Film soll bewusst machen, dass emotionale Vernachlässigung in der Kindheit schwerwiegender ist, als es auf den ersten Blick erscheinen mag, und genauso ernst genommen werden sollte wie jede andere Form von Kindesgefährdung.

Selbst wenn den Betroffenen nicht bewusst ist, dass ihre Kinder leiden oder sie sich außerstande fühlen, etwas zu ändern, liegt die Verantwortung zunächst bei ihnen. Umso wichtiger ist es, dass das soziale Umfeld, die Nachbarn, Freunde und Menschen in der Nähe ermutigen, Hilfe zu suchen, insbesondere wenn Kinder betroffen sind. Die Botschaft lautet, die Betroffenen zu erkennen, damit deren Kinder nicht unbeachtet bleiben, so Jerome Braun von der Deutschen Kinderschutzstiftung Hänsel+Gretel.

Video: Krasser Fall von Kindeswohlgefährdung / Kindesentzug durch das Jugendamt!

Video: Video Botschaft 2023

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