Der karnevalistische Tanzsport kennt viele Disziplinen. Der Gardetanz ist eine dieser Tanzarten und kann in Deutschland im Verein praktiziert werden. Die Anforderungen beim Gardetanz sind hoch.
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Der Gardetanz: Akrobatische Höchstleistungen sind gefragt
Die beim Karneval gezeigten Tänze sind oft atemberaubend zu sehen. Doch wie anspruchsvoll diese Tänze wirklich sind, wissen nur die wenigsten. Die kunstvollen Hebefiguren scheinen so leicht, dass die meisten Menschen die harte Arbeit des Tanzmariechens und der ganzen Gruppe nicht sehen. Dabei ist der Gardetanz sogar ein Wettkampftanz, der in speziellen Tanzvereinen ausgeübt wird. Der Tanz ist anspruchsvoll und erfordert ein Höchstmaß an Kraft, Ausdauer und Biegsamkeit des Körpers. Außerdem sind akrobatische Fähigkeiten gefragt, im Gruppentanz zudem Synchronität und eine einheitliche Ausführung.
Tanzen als Leistungssport
Wird das Tanzen als Sport betrieben, sind die Tänzer wahre Leistungssportler. Schon allein die vielen verschiedenen Schritte und Schrittkombinationen sind eine große Herausforderung. Die Schrittfolge beginnt immer mit dem rechten Fuß, akrobatische Einlagen wie Spagat und Radschlag sind üblich.
Beim Gardetanz gibt es gemischte Tanzgruppen ebenso wie rein männliche oder rein weibliche Garden. Für die Tänzer gilt, dass sie den Zuschauern ein Thema über Musik, Kostüme und Tanz zugänglich machen müssen. Klassische Marschtanzelemente werden mit modernen Tanzstilen kombiniert. Die Tänzer nutzen vor allem die Elemente des Jazzdance und des Modern Dance für ihre neuen Tänze. Immer wieder wird mit verschiedenen Stilen experimentiert. Für die Tänzer bedeutet das, neue Elemente zu schaffen. Die neuen Schritte ergänzen die bisherigen Figuren.
Der Solotanz des Tanzmariechens besteht damit aus traditionellen und modernen Elementen, die neu kombiniert werden. Neben Begabung und hartem Training im Bereich Turnen, Ballett und Tanzen muss das angehende Tanzmariechen sehr viel Ehrgeiz und Erfolgswillen aufweisen. Die typischen Übungen wie Bogengänge und Flickflack sollten sitzen. Tänzer müssen Figuren aus dem Ballett ebenso vorweisen können wie bestimmte Schritte aus dem Tanz oder bei den Hebefiguren und Sprüngen. Natürlich ist es auch der eiserne Wille zum Erfolg, der zusammen mit hervorragender Fitness und Beweglichkeit für erfolgreiche Auftritte der Gardetänzer sorgt.
Gardetanz wird nach festen Kriterien bewertet
Wie streng ist der Gardetanz aufgebaut? Genau das ist die Grundlage für den Gardetanz, der nicht nur nach der Uhr, sondern nach festen Choreografien stattfinden muss. Solisten, Paare und Gruppe haben somit keine Möglichkeit zur Improvisation. Die Strenge der Bewertungen im Karnevalstanz zeigt sich an den Richtlinien der Verbände. Wir haben einige der wichtigsten Regelungen aufgelistet.
- Austanzen der Bühne als wichtige Voraussetzung
- Musik als wichtiges Element muss in den Tanz einbezogen werden, was für Melodie und Rhythmus gleichermaßen gilt
- Die Musik muss in Bezug auf Tempo und Harmonie zum Tanz passen
- Wiederholungen gezeigter Tanzelemente dürfen nicht vorkommen
- Übergänge zwischen den einzelnen Elementen müssen fließend sein
- Die Tänzer sind in ständiger Bewegung
- Der Tanz ist ausdrucksstark und an das Thema angepasst
- Ein Tanz ohne Thema soll durch Ausstrahlung und Show-Disziplin punkten
- Tänzer sollen positiv beim Publikum ankommen
- Kein Dauergrinsen erwünscht!
- Einbeziehen von Armen und Beinen in den Tanz
- Leistungsstand der Tänzer muss der Choreografie entsprechen, keine Über- oder Unterforderung der Tänzer
- Tänze müssen harmonisch wirken
- Beachtung von Verboten der Verbände wichtig
- Beim Paartanzen ist Synchronität wichtig
- Welche Elemente in den Tanz aufgenommen werden, darf frei entschieden werden
Die Tänzer haben nur eine festgelegte Zeitspanne für ihre Darbietungen, daher müssen sie ein gutes Zeitgefühl haben und notfalls einen Blick auf die Uhr wagen. Die Richter beim Wettbewerb ziehen Punkte ab, wenn die vorgegebene Zeit überschritten wird. Wichtig ist überdies, dass die strengen Richtlinien der einzelnen Verbände bedacht werden. Die Bewertungen durch die Verbände können entsprechend der Richtlinien unterschiedlich ausfallen.
Die Geschichte des Gardetanzes
Nur die wenigsten Wissen, dass die Geschichte des Gardetanzes bis ins vergangene Jahrhundert reicht. Viele Neuerungen kamen im Laufe der Jahre dazu. Längst sind es keine reinen Männertruppen mehr, die das Militär und die Exerzierübungen auf die Schippe nehmen. Diese Gruppen traten noch bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf. Weibliche Garden traten erst später auf, wobei sie damals noch in langen Röcken auf der Bühne stehen mussten. Die Kleidung der Tänzer ist robuster geworden, denn längst ist der Gardetanz kein einfacher Tanz mehr, sondern eher akrobatische Übung. Alles zielt auf Belastbarkeit ab, außerdem tragen die Tänzer auf der Bühne von heute elastische Tanzschuhe für eine bessere Beweglichkeit. Alles zielt weniger auf Eleganz und Aufwand ab, dafür mehr auf Belastbarkeit und Betonung der Figur.
Der karnevalistische Tanzsport im Wandel der Zeit
Der karnevalistische Tanz wurde durch die Nazis beeinflusst. Das Tanzmariechen war einmal ein Mann. Die Bühne war ab den 1920er Jahren die Welt des Funkens, wie das männliche Tanzmariechen bezeichnet wurde. Die Funken wurden in der Nazi-Zeit durch Frauen ersetzt, da es die Befürchtung zu homosexuellen Zusammenhängen gab. Für lange Zeit tanzten nur Frauen den Gardetanz. Das Männerballett trat erst ab den 1980er Jahren wieder öffentlich auf. Die Anforderungen des Tanzes veränderten sich schon bald zum fordernden Sport. Heute steht beim Tanzen vor allem ein hartes Training im Fokus, teilweise wird dreimal in der Woche trainiert. Das Training und die Anforderungen sind so hoch, dass das Tanzen vor dem Deutschen Sportbund als Leistungssport gilt. Wettbewerbe werden heute im ganzen Land ausgetragen und finden in den verschiedenen Altersklassen statt.
Deutsche Verbände wachen über die Einhaltung der Gardetanzarten
Der Gardetanz ist nicht immer gleich. Es gibt unterschiedliche Arten, in denen Wettbewerbe ausgetragen werden. Alle Wettbewerbe werden in Deutschland durch die Verbände ausgerichtet und beaufsichtigt. Damit ist sichergestellt, dass die strengen Kriterien, die seitens der Verbände auferlegt wurden, auch wirklich eingehalten werden. Die Verbände sorgen zudem für die nötige Sicherheit beim Sport. Üblich sind unter anderm Verbote zu einigen Hebe- sowie zu Wurffiguren. Was erlaubt ist und was nicht, richtet sich unter anderem nach der Altersklasse.
Unterschiedliche Gardetanzarten im Überblick
Folgende Tanzarten sind im Gardetanz bekannt und können in Vereinen ausgeübt werden:
- Solotanz
Der Polkarhythmus liegt zugrunde, getanzt wird auf Instrumentalmusik.
Der Tänzer folgt einer ausgearbeiteten Choreografie und ist frei in der Wahl seiner Elemente.
Er muss in der Lage sein, die Bühne komplett für sich einzunehmen.
Der Tanz wird meist als ästhetisch, herausfordernd und stark in der Ausstrahlung beschrieben.
- Paartanz
Auch beim Paartanz liegt der Polkarhythmus zugrunde.
Auch Hebefiguren dürfen erst ab einem Alter von 14 Jahren vorgezeigt werden.
Die Einzeltänze sollten nur selten sein oder gar nicht vorkommen.
Ansonsten ist der Choreograf bzw. sind die Tänzer in der Ausgestaltung ihres Tanzes frei.
Wurffiguren sind beim Paartanz laut den Verbände verboten.
- Garde-Polkatanz-Gruppe
Wieder ist der Polkarhythmus wichtig, Marschmusik hingegen darf als Hintergrund nicht zum Einsatz kommen.
Marschmusik ist nicht erlaubt und auch Marschschritte dürfen nicht gezeigt werden.
Der Choreograf ist nur an die geltenden Verbote seitens der Verbände gebunden.
Er muss Darstellungen entwickeln, die den Leistungsstand aller Tänzer berücksichtigen.
Gardetanz in Verbänden organisiert
Der an dieser Stelle zuerst vorgestellte Verband ist der Bund Deutscher Karneval. In diesem Verband sind die meisten Mitglieder des Karnevalstanzes organisiert. Jugendliche und Junioren haben die Wahl zwischen verschiedenen Disziplinen: Tanzpaar, Tanzgarde und Tanzmariechen stehen zur Wahl. Ein Tanzpaar muss immer aus einer weiblichen Tänzerin und einem männlichen Tänzer bestehen, das Tanzmariechen muss weiblich sein. In der Tanzgarde können sowohl weibliche als auch männliche Tänzer aktiv sein. Tanzpaare und Tanzmariechen gibt es auch bei den Ü15-Gruppen, wobei der Anteil der Männer bei der Tanzgarde zum Anteil der Tänzerinnen bei 1 zu 3 liegen muss. Maßgeblich für eine gute Bewertung im Bund Deutscher Karneval ist die Vielfalt der Schritte. Dazu auch auf eine abwechslungsreiche Choreografie sowie auf eine deutliche Freude am Tanz.
Auch die Rheinische Karnevals Kooperation ist ein wichtiger Verband für den Karnevalstanz in Deutschland. Waren es zuvor nur fünf, gab es ab 2019 insgesamt sechs Disziplinen im deutschen Gardetanz. Die Teilnehmer an Wettbewerben werden in den drei üblichen Altersklassen Kinder, Junioren und Senioren zugelassen. Die Tänzer können an Turnieren der Deutschen Meisterschaft teilnehmen. Exakte Bewegungen, die synchron ablaufen und harmonisch anzusehen sind, stellen die wichtigsten Grundlagen dar, die der Verband hoch bewertet. Außerdem soll eine möglichst große Vielfalt der Schritte gezeigt werden, die Tänzer sollen sichtlich Spaß haben.
Als weitere Verbände sind der Deutsche Verband für Garde- und Schautanzsport und die Internationale Interessengemeinschaft für Tanzsport zu nennen. Ligen sind die Basis für die Bewertung der Leistungsklassen im Deutschen Verband für Garde- und Schautanzsport. Somit ist es möglich, die Leistungsstände zu vergleichen. Der Gardetanz hebt sich in diesem Verband deutlich von den beiden vorgenannten Verbänden ab. Der Verband legt Wert auf zackige und gerade Bewegungen sowie vielfältige Schritte und nicht auf Spagate. Das Zusammenspiel von Armen und Beinen ist hier deutlich komplizierter. In der Internationalen Interessengemeinschaft für Tanzsport hingegen sind keine Räder erlaubt.